Elias Pomarius, Warhafftige, grundtliche unnd eygentliche Beschreibung der uberjärigen Belagerunge der Kayserlichen freyen Reichs-Stadt Magdeburg. Magdeburg 1622, 40 f. [vollständig abgedruckt, bezieht sich auf die Abschrift in der gleichen Akte, Bl. 3r]
Friedrich Wilhelm Hoffmann’s Geschichte der Stadt Magdeburg, neu bearbeitet von Gustav Hertel und Friedrich Hülße, 1. Bd. Magdeburg 1885, 485 f. [vollständig abgedruckt]
Helmut Asmus, 1200 Jahre Magdeburg. Von der Kaiserpfalz zur Landeshauptstadt, Bd. 1: Die Jahre 805-1631. Magdeburg 1999.
Friedrich Wilhelm Hoffmann’s Geschichte der Stadt Magdeburg, neu bearbeitet von Gustav Hertel und Friedrich Hülße, 1. Bd. Magdeburg 1885.
Thomas Kaufmann, Das Ende der Reformation. Magdeburgs „Herrgotts Kanzlei“ (1548-1551/2). Tübingen 2003.
Anja Moritz, Interim und Apokalypse. Die religiösen Vereinheitlichungsversuche Karls V. im Spiegel der magdeburgischen Publizistik 1548-1551/52. Tübingen 2009.
Note:
Org., Papier, 32,8 x 32,7 cm, 1 Blatt, beidseitig beschrieben; Rückseite: Adresse; Brief; Verschluss-Siegel des Ausstellers (nicht auf der Aufnahme zu sehen); Ausfertigung
Historical Placement:
Mit der zunehmenden Etablierung der Reformation in Mitteldeutschland zog sich der katholische Erzbischof von Magdeburg, Kardinal Albrecht von Brandenburg, 1541 resigniert in sein Erzstift Mainz zurück. Damit eröffneten sich dem früh evangelisch gewordenen Magdeburger Rat durch die Abwesenheit des Landesherrn neue Handlungsspielräume, um seine Souveränitätsbestrebungen weiter voranzutreiben. Nach dem Tod von Albrecht versagte die Stadt ihrem neuen Landesherrn, Erzbischof Johann Albrecht von Brandenburg-Ansbach, im Herbst 1545 die Huldigung, sofern er nicht die gewünschte städtische Reichsunmittelbarkeit anerkenne. Da man wegen dieser Gehorsamsaufkündigung eine militärische Auseinandersetzung befürchtete, verstärkten die Magdeburger ihre Festungsanlagen und Stadtmauern. Dies taten sie aber auf Kosten des Domkapitels und anderer geistlicher Institutionen – so mussten das Karmeliterkloster sowie die Pfarrkirche St. Ambrosii in der Vorstadt Sudenburg für den Ausbau weichen. Hier wurde ganz offen der Dauerkonflikt zwischen dem altgläubigen Domkapitel und dem Stadtrat ausgetragen.
Während des Schmalkaldischen Krieges spitze sich die seit Jahrzehnten schwelenden Spannungen zu, die schon in den 1520er Jahren zu offenen Konflikten und der Reichsacht von 1527 geführt hatten. Ganz offen wurden nun die Immunität der Domfreiheit (des Stadtviertels um den Dom) und die damit verbundenen Privilegien der Geistlichen angegriffen. Im Juni 1546 setzte der Rat den Domherren ein Ultimatum, um sowohl im Dom als auch in den anderen Stiftskirchen den evangelischen Gottesdienst einzuführen. Andernfalls drohte er damit, den Dom und die Stiftskirchen zu sperren. Auch sollten die Domherren eine Summe von 20.000 Gulden zur Stadtverteidigung beitragen. Gegenüber den Vorstädten Neustadt und Sudenburg machte der Rat ähnliche Forderungen geltend und besetzte diese kurze Zeit später ebenso wie das Kloster Berge und weitere geistliche Besitzungen im Umkreis der Stadt. Eine gewaltlose Lösung schien nicht mehr erstrebenswert.
Unter einem Vorwand erklärte der Rat dem Domdekan Ernst von Mansfeld und dem restlichen Domkapitel am 2. Januar 1547 die Fehde. Die Stadt sei nicht mehr gewillt, die zahlreichen Untaten des Kapitels ungestraft hinzunehmen. Er warf den Domherren vor, dass sie nichts als Unheil angerichtet, die beiden Hochstifte Magdeburg und Halberstadt mit ihrem Handeln entzweit und den Schmalkaldischen Krieg mit heraufbeschworen hätten. Die Stadt sah ihre eigene Freiheit und ihre Autonomie bedroht, weshalb sie ihren Schutz gegenüber dem Domkapitel aufkündigten müsse.
Der Fehdebrief wurde öffentlich an die Türen des Doms angeschlagen, um der gesamten Stadt das Vorgehen des Rates zu verkünden. Das bereits aus der Stadt geflohene Domkapitel erhielt den Fehdebrief in seinem Exil in Egeln. Da sich die Domherren weiterhin weigerten zum evangelischen Glauben überzutreten, nahm der Rat den Dom und alle dazugehörigen Gebäude, Höfe, Klöster sowie die Häuser der Geistlichkeit samt deren Besitz in Beschlag. Bereits am 5. Januar ließ man die liturgischen Geräte entfernen und z. T. für die Herstellung von Munition einschmelzen. Um die Machtübernahme im öffentlichen Raum deutlich sichtbar zu machen, wurde an den ehemaligen geistlichen Gebäuden das Stadtwappen angeschlagen. Vom Klerus selbst verlangte der Rat die Huldigung. Auch die zum Domstift gehörenden Städte und Burgen Egeln, Wolmirstedt, Wanzleben, Dreileben, etwas später auch Burg und Möckern nahm der Stadtrat militärisch ein, unter dem Vorwand handelnd, das Erzstift zu schützen. Damit konnte Magdeburg sein Einflussgebiet weit ins Umland ausdehnen. Einen guten Monat nach der Übernahme des Doms fand am 6. Februar 1547 dort erstmals ein evangelischer Gottesdienst statt. Auch in der Neustadt, in Sudenburg und in den anderen besetzten Orten wurde die lutherische Lehre eingeführt.
Mit dem Rechtsakt der Fehde stellte Magdeburg überdeutlich seinen rechtlichen Anspruch und sein Selbstverständnis unter Beweis, als autonome Stadt politisch eigenständig zu handeln. Doch diese Einstellung sollte noch im gleichen Jahr zum Verhängnis werden: Der Sieg des Kaisers im Schmalkaldischen Krieg und die Weigerung der Stadt, sich dem Kaiser zu unterwerfen, brachte Magdeburg erneut die Reichsacht ein, die dieses Mal mit der Belagerung durch Kurfürst Moritz von Sachsen tatsächlich zu einer ernsten Bedrohung wurde.