[Heinrich Christian von Senckenberg/Johann Jacob Schmauß (Hrsg.)], Zweyter Theil derer Reichs-Abschiede von dem Jahr 1495 bis auf das Jahr 1551 inclusive. [Frankfurt a. M. 1747].
Johannes Kühn (Bearb.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. (Deutsche Reichstagsakten. Jüngere Reihe, Bd. 7, 1.) Stuttgart 1935, Nr. 143, S. 1273-1288.
Literature:
Heinrich Bornkamm, Die Geburtsstunde des Protestantismus. Die Protestation von Speyer (1529), in: Ders., Das Jahrhundert der Reformation. Frankfurt am Main 1983, S. 146-162.
[Heinrich] Drescher, Die Protestation und Appellation der evangelischen Stände auf dem Reichstag zu Speyer 1529. Zum Gedenkjahr 1929. 2. Aufl. Kaiserslautern 1928.
Historical Placement:
Im Jahr 1521 verweigerte der Reformator Martin Luther auf dem Wormser Reichstag den Widerruf seiner Lehren. Daraufhin verhängte Kaiser Karl V. mit dem Wormser Edikt die Reichsacht über Luther und seine Anhänger. Niemand durfte Luther fortan beherbergen. Wer auf ihn traf, war verpflichtet ihn auszuliefern. Das Lesen und die Verbreitung seiner Schriften waren untersagt. Außenpolitische Gründe zwangen den Kaiser und seinen ihn vor Ort vertretenden Bruder Ferdinand I. jedoch, auf dem Reichstag zu Speyer im Jahr 1526 einen Kompromiss in Religionsfragen einzugehen. So gestand der Speyerer Reichstagsbeschluss von 1526 den Reichsständen zu, sich bis zu einem geplanten Konzil oder einer Nationalversammlung ihren Untertanen gegenüber in Religionsangelegenheiten so zu verhalten, wie sie es selbst gegenüber Gott und dem Kaiser verantworten könnten. Dieser Beschluss wurde zum Ausgangspunkt für die weitere Verbreitung und Durchsetzung reformatorischen Gedankenguts und die beginnende Neuorganisation des Kirchenwesens in den evangelischen Herrschaftsgebieten.
Im Jahr 1529 fand ein weiterer Reichstag in Speyer statt. Kaiser Karl V. ließ sich bei diesem erneut von seinem Bruder Ferdinand I. vertreten. Dieser eröffnete den Reichstag mit der Verlesung der Proposition, einer Erklärung über die auf dem Reichstag zu verhandelnden Punkte, die unter anderem die Aufhebung des Speyerer Reichstagsbeschlusses von 1526 und damit auch die vollständige Wiederinkraftsetzung des Wormser Edikts ankündigte. Ferdinand I. hatte diese Proposition selbst verfasst, nachdem die Erklärung des Kaisers witterungsbedingt nicht rechtzeitig in Speyer eingetroffen war. Das kaiserliche Schriftstück war, wie heute bekannt ist, versöhnlicher gehalten als die Erklärung Ferdinands I. Den evangelischen Ständen musste die verlesene Proposition wie eine Kampfansage vorkommen.
Da die evangelischen Stände auf dem Reichstag gegenüber den katholischen die Minderheit bildeten, fand Ferdinands Vorstoß gegen die reformatorische Bewegung letztlich die Zustimmung der Mehrheit. Gegen diesen Mehrheitsbeschluss der katholischen Stände protestierten die evangelischen Fürsten von Kursachsen, Hessen, Braunschweig-Lüneburg, Brandenburg-Ansbach und Anhalt vor den versammelten Reichsständen. Sie erklärten, in Glaubensfragen nur ihrem Gewissen folgen zu können, und beriefen sich darauf, dass der Reichstagsbeschluss von 1526 von allen anwesenden Reichsständen und nicht (wie der jetzige) nur von einer Mehrheit angenommen worden sei. 14 Reichsstädte schlossen sich ihrem Protest an. Ihre Stellungnahme ließen die Evangelischen im Anschluss noch einmal umfassender schriftlich ausarbeiten. Diese Protestschrift wurde Ferdinand I. überreicht, der jedoch deren Annahme verweigerte. Eingang in den Reichstagsbeschluss fand die Protestation nicht. Ihre Bedenken fassten die evangelischen Stände daraufhin am 25. April 1529 noch einmal in einer Appellation an den Kaiser zusammen.
Die Entwicklungen auf dem zweiten Speyerer Reichstag führten somit dazu, dass sich erstmals evangelische Fürsten und Städte gemeinsam öffentlich zu ihrem Glauben bekannten. Ausgehend von dieser Speyerer Protestation wurden die Evangelischen fortan auch Protestanten genannt.