vorliegende Akte, Bl. 2r-5v: Korrespondenz des Grafen Wilhelm von Henneberg mit Kaspar Westhus, Siegler zu Mainz, betr. Gefangennahme Martin Luthers ([12.-13.] Mai 1521).
weitere wichtige Quellen zum Überfall auf Luther: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel. 2. Bd. Weimar 1931, Nr. Nr. 400, S. 305f.; Nr. 410, S. 336-340; D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Tischreden. 5. Bd. Weimar 1919, Nr. 5353, S. 82.
Nachweis früherer Editionen:
H. Brückner, Möhra, Luther und Graf Wilhelm von Henneberg, in: Archiv für die Sächsische Geschichte. 2. Bd., 1864, S. 27-58, hier 54f.
Reiner Groß/Manfred Kobuch/Ernst Müller (Red.), Martin Luther 1483-1546. Dokumente seines Lebens und Wirkens. Dokumente aus staatlichen Archiven und anderen wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik. Im Jahre des 500. Geburtstages Martin Luthers mit Unterstützung des Martin-Luther-Komitees hrsg. v. der Staatlichen Archivverwaltung der DDR. Weimar 1983, Nr. 64, S. 103f., 343.
Literature:
Sibylle Badstübner-Gröger/Peter Findeisen, Martin Luther. Städte, Stätten, Stationen. Eine kunstgeschichtliche Dokumentation. Leipzig 1983, S. 206-208.
Martin Brecht, Martin Luther. Bd. 1: Sein Weg zur Reformation 1483–1521. 3., durchges. Aufl. Stuttgart 1990, S. 448-453.
H. Brückner, Möhra, Luther und Graf Wilhelm von Henneberg, in: Archiv für die Sächsische Geschichte. 2. Bd., 1864, S. 27-58, hier 47-56.
Joachim Fait (Bearb.), Martin Luther. Stätten seines Lebens und Wirkens. Hrsg. vom Institut für Denkmalpflege der DDR. Berlin 1983, S. 62-65.
Reinhard Schwarz, Luther. 3., durchges. u. korr. Aufl. Göttingen 2004, S. 128f.
Note:
Abschrift von Empfängerhand (Dr. Kaspar Westhus);
nur Bl. 1r ist ediert
Historical Placement:
„Ich laß mich eintun und verbergen, weiß selbst noch nicht wo, und wiewohl ich lieber hätte von den Tyrannen […] den Tod erlitten, muß ich doch guter Leut Rat nicht verachten, bis zu seiner Zeit.“ So schrieb Martin Luther auf seiner Rückreise vom Wormser Reichstag nach Wittenberg.
Da Luther auf dem Wormser Reichstag im April 1521 den Widerruf seiner Schriften und Lehren verweigerte, ließ Kaiser Karl V. die Reichsacht über ihn verhängen („Wormser Edikt“). Diese erklärte Luther für vogelfrei und forderte seine Auslieferung an den Kaiser. Außerdem wurden der Druck, Verkauf und die Lektüre von Luthers Schriften verboten und die Verfolgung seiner Anhänger und Beschützer angeordnet.
Dadurch geriet Luthers Schutzherr, Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, in eine Zwickmühle: Einerseits wollte er Luther schützen, andererseits konnte er ihn, weil er vom Papst gebannt und vom Kaiser geächtet war, aber nicht wie bisher öffentlich in Wittenberg wirken lassen. Nachdem das „freie Geleit“, eine Schutzgarantie des Kaisers, die er Luther für die Reise zum Wormser Reichstag und die Rückreise nach Wittenberg zugebilligt hatte, ausgelaufen und das Wormser Edikt am 25. Mai 1521 in Kraft getreten war, hätte der Kurfürst Luther eigentlich ausliefern müssen. So fasste er den Plan, Luther durch eine Scheinentführung an einen geheimen und sicheren Ort zu bringen. Der Kurfürst überließ die Wahl des Ortes und die Einzelheiten der Entführung seinen Beratern (u. a. Georg Spalatin), um später gegenüber dem Kaiser guten Gewissens beteuern zu können, den Aufenthaltsort Luthers nicht zu kennen. Vor seiner Abreise aus Worms am 26. April 1521 wurde Luther darüber informiert, dass er zum Zweck seines Schutzes irgendwo versteckt werden sollte. Dies teilte er im oben zitierten Brief seinem Freund Lucas Cranach dem Älteren mit.
Nach einem Aufenthalt in Eisenach, wo Luther am 3. Mai auch gepredigt hatte, zog er weiter in südlicher Richtung nach Möhra. Dort besuchte er Verwandte, u. a. seinen Onkel Heinz Luther. In seiner Begleitung befanden sich nur sein Wittenberger Ordensbruder Johannes Petzensteiner und sein enger Vertrauter Nikolaus von Amsdorf. Nachdem ihn seine Verwandten am 4. Mai bis nach Altenstein (bei Bad Liebenstein) begleitet hatten, zog Luther weiter nach Norden in Richtung Ruhla. Auf dem Weg dorthin überfielen fünf bewaffnete Reiter den Wagen und nahmen Luther mit sich. Um etwaige Verfolger oder Beobachter auf eine falsche Fährte zu locken, ritten die Entführer zunächst in Richtung Brotterode und über verschiedene Umwege, bevor sie in der Nacht auf der Wartburg ankamen.
Dort lebte Luther bis Anfang März 1522 inkognito als „Junker Jörg“. Während dieser Zeit verfasste er viele Schriften und übersetzte das Neue Testament ins Deutsche.
Der hier vorliegende Brief des Johannes König, eines Kanonikers aus Eisenach, an Dr. Kaspar Westhus, den Siegler des Mainzer Erzstiftes, ist der früheste Bericht über den Überfall auf Luther. König, der sich auf die Angaben von Heinz Luther, Martin Luthers Onkel, stützte, antwortete damit auf eine Anfrage von Westhus aus Mainz. Gerüchte über eine Entführung bzw. den Tod Luthers verbreiteten sich schnell.