Der Befehl zur Abschaffung der Bilder gehört zum ersten Maßnahmenpaket, mit dem Landgraf Philipp die Reformation öffentlich in seinem Land einführte. Das Schreiben ist bei einem Aufenthalt in dem eben aufgehobenen Stift Weißenstein ausgestellt und an, vermutlich wegen des unüblichen Schreiborts, nicht namentlich genannte Räte in Kassel gerichtet. Es bezieht sich allgemein auf „Bilder“, erst im Nachsatz wird deutlich, dass damit anstößige Bilder gemeint sind, die deshalb Ärgernis erregen, weil sie verehrt werden und Wallfahrer anziehen. Sie sollten nun aus den Kirchen genommen werden und zwar unumkehrbar. Damit ist ihre Zerstörung nicht direkt ausgesprochen, aber auch nicht ausgeschlossen.
Deutlicher wird ein zweites, heute im Original verlorenes Schreiben, das Philipp drei Tage später von Kassel aus an die Geistlichen richtete: Aus Unverstand der einfältigen Laien habe sich bisher manche „gräuliche Abgötterei“ mit Bildern und Wallfahrten zugetragen, in denen Geistliche wie Weltliche ihre Wohlfahrt und ihr Seelenheil gesucht hätten, worüber Gott Vater und Jesus Christus übersehen oder gar vergessen worden seien. Da aber durch Gottes Güte das Evangelium nun wieder zu seinem Recht gekommen sei und der Weg alleine durch Christus zum Vater führe, befiehlt Philipp, dass unverzüglich „die abgöttischen Götzen, die an Stelle des Herrn in den Tempel gesetzt worden sind“, in allen Pfarreien, Kapellen, Klöstern, Feldkirchen, Klausen und Wallfahrtskirchen abgeschafft und die Wallfahrten abgestellt werden sollen.
Vor dieser Reinigung der Kirchen war bereits an die im Freien stehenden Heiligenbilder Hand angelegt worden. Sehr genau beobachtet wurde das von dem Klosterbruder Göbel aus dem Augustinerchorherren-Stift Böddeken (Niedersachsen) bei seinen Reisen durch Hessen in den Jahren 1526–1528. Da er selbst in Hessen aufgewachsen war, berührten ihn diese Ereignisse in besonderer Weise. Bereits 1526 fand er hier alle Heiligenstöcke zerstört: „Gott vergebe ihnen“, so sein Kommentar. 1527 wiederholt er, dass in Hessen „die Heiligenstöcke und -häuschen alle zerstört sind. Und in anderen Landen, in die ich kam, sind sie nicht zerstört.“ Im darauffolgenden Jahr fand er „die Heiligenstöcke so jämmerlich zerhauen, dass es ein Jammer war, sie anzusehen.“
Die Verlagerung dieser Maßnahmen vom öffentlichen Raum in die Kirchenräume hinein bedeutete nicht nur einen tiefen Eingriff des Landgrafen in Pfarrrechte- und -vermögen, die ihm eigentlich nicht unterstanden, sondern auch in den religiösen Alltag der Menschen. Die zahlreichen Bilder und Statuen der Heiligen, die sich mit ihren vielfältigen Aufgaben und Zuständigkeiten als bewährte Helfer in den Sorgen und Nöten des Alltags erwiesen und mit denen sich bestimmte Andachtsformen, Feste und Bräuche verbanden, waren den Gläubigen häufig näher, als der strenge lateinische Pfarrgottesdienst; sie in einer Wallfahrt aufzusuchen, versprach Trost und einen kleinen Ausbruch aus dem Alltag. Häufig gingen die Heiligenbilder auf die Initiative privater Stifter und Bruderschaften zurück, und diese mussten nun mitansehen, dass das, was sie oder ihre Eltern zur Ehre der Heiligen gestiftet hatten, aus den Kirchen herausgenommen wurde. Die Abstellung der nun als Götzendienst denunzierten Heiligenverehrung und die Zentrierung des Glaubens auf Gott alleine bedeuteten jenseits aller theologischer Kontroversen vielleicht den tiefsten Einschnitt in die Frömmigkeitspraxis der breiten Masse. Mit dem Verschwinden der Bildstöcke und Heiligenbilder wurden die Glaubensvollzüge auch äußerlich sichtbar auf die (Pfarr-)Kirche zentriert und innerhalb der Pfarrkirche wiederum auf Altar und Kanzel, also das Evangelium.
Gleichzeitig veränderte sich damit das Erscheinungsbild der Landschaft: Anstelle der von Bildstöcken, Heiligenhäuschen und Wallfahrtskapellen bestimmten spätmittelalterlichen Sakraltopographie entstand nun eine durch deren Fehlen gekennzeichnete spezifisch evangelische Landschaft. Umgekehrt wurde in katholischen Territorien während der katholischen Reform die Landschaft durch Wegkreuze, Bildstöcke und Kapellen von neuem sakralisiert, sodass sich, häufig bis heute, die konfessionelle Prägung unmittelbar am kulturlandschaftlichen Erscheinungsbild ablesen lässt.
Der nach 1526/27 eingetretene Verlust an Kulturgütern ist kaum zu übersehen. So mancher Altarflügel überdauerte als Schranktüre, Möbelstück oder auf dem Dachboden. Weitaus gravierender für den Bildervorrat der Kirchen in Hessen war aber die Zuwendung von Landgraf Moritz zum Calvinismus und seine Einführung der „Verbesserungspunkte“ im Jahr 1606. 1619 kam es etwa in der Marburger Elisabethkirche zu einem regelrechten Bildersturm. Dagegen ging man im lutherischen Einflussgebiet mit allem, was den protestantischen Gottesdienst und das Theologieverständnis nicht unmittelbar störte, deutlich behutsamer um. Dank der „bewahrenden Kraft des Luthertums“ präsentieren sich deshalb viele lutherische Kirchen bis heute in einer im Kern spätmittelalterlichen Erscheinung.