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Hof-Theater. / Weimar, Mittwoch den 6. Oktober 1852. / Der Jude. / Schauspiel in drei Akten, nach dem Englischen des Cumberland.
Datum:
Mittwoch, 6. Okt. 1852
Datum (zeitliche Klassifikation):
1850-1855
Aufführungsort:
Weimar, Hoftheater
Reihenfolge:
1
Aktanzahl (laut Quelle):
3
Rezension:
Weimarische Zeitung, Nr. 82, 13.10.1852, S. 815: „Am 6. Oct.: „Der Jude.“ Schauspiel nach dem Englischen des Cumberland, in 3 Aufzügen; „Schewa“ als zweite Antrittsrolle des Hrn. Marr. – Ist der Ausdruck „Charakterstück“ für das in Rede stehende Schauspiel passend? Ist er überhaupt passend? wir glauben: nein; denn er bezeichnet Alles und Nichts. Wie wäre es, wenn man „Fachstück“ sagte? das trifft wenigstens näher. – Der „Jude“ gehört zu jenen Schauspielen, worin ein einziger und Hauptträger die Zügel der Exposition, der Verwickelung und der Lösung so in die Hand nimmt, daß die übrigen Darsteller, so wie das ganze Publikum immer wieder auf ihn verwiesen werden. Ein solcher Darsteller – und es kann fast nur ein sogenannter „Charakterdarsteller“ sein – ist das Alpha und Omega seines Stückes – „seines“ sagen wir, - denn ihm und Niemand sonst gehört das Stück an, mit ihm steht oder fällt es – Was Stoff und Ausführung anlangt, so verhält sich der „Jude“ zu einem generischen Drama, wie ein Portrait zu einem Historiengemälde; was Darstellung und Wirkung betrifft, wie ein Concert zu einer Symphonie. In der That können Liebhaber und Liebhaberin im Juden gegen die Hauptrolle nicht höher angeschlagen werden als eine Tutti-Geige oder –Bratsche gegen den „Principale“. Bei diesem Vergleiche der – um uns eines mathematischen Ausdruckes zu bedienen, winkelrecht paßt, bleibend, langen wir perfect bei dem Momente, welches wir schon bei Gelegenheit von Hrn. Marrs erstem Debut hervorgehoben haben, beim Darstellervirtuosenthum. Wenn es unläugbar ist, daß eine Virtuosenpièce wie der „Jude“ dem Darsteller der Titelrolle die größten Chancen bietet, so ist es nicht minder wahr, daß, um diese Chancen erfolgreich zu benutzen, eben die nöthige außerordentliche Fertigkeit erforderlich ist. Herr Marr hat diese Fertigkeit glänzend bewährt, und er macht uns die Gäste in seinem Fache ebenso überflüssig, als z. B. Herr Joachim die fremden Geigenkünstler. Wenn er nur über dem Einzelfache, was durch ihn so „gut vertreten“ ist, nicht vergißt, daß er Director für alle Fächer ist, wenn er nur nicht das Repertoire einen einseitigen Anstrich gewinnen läßt, der seine für uns werthvollste Fähigkeit und Wirksamkeit in den Hintergrund treten läßt. Aber warum sagen wir Herrn Marr, was er wohl selbst weiß und beachtet? Je nun, weil es unsere kritische Schuldigkeit ist, Nichts voraus -, und darum auch Nichts hintanzusetzen.“
Zwar wird in der Literatur oft erwähnt, dass die in Weimar gespielte Übersetzung vermutlich von Johann Franz Hieronymus Brockmann (1745-1812) stammt, schaut man jedoch seine Übersetzung an, die 1795 in Wien erschienen ist, fällt auf, dass die Personenkonstellation eine andere ist als auf den Weimarer Theaterzetteln, dass die Personen anders heißen. Es existiert eine anonyme Übersetzung, erschienen 1798 in Königsberg, die genau die Personenkonstellation aufweist, die auch auf den Weimarer Theaterzetteln zu finden ist. In den Schlesischen Provinzialblättern, Bd. 29, 1799, S. 274 wird, unter Angabe der Personenkonstellation, die sowohl mit der auf den Weimarer Theaterzetteln als auch mit der in der Königsberger Übersetzung identisch ist, als Übersetzer bzw. Bearbeiter ein Herr Dengel aus Königsberg genannt. Bei diesem handelt es sich wahrscheinlich um den Königsberger Buchhändler Carl Gottlob Dengel (Lebensdaten unbekannt), wie u.a. auch ein Eintrag im Lexikon "Das gelehrte Teutschland", Bd. 11, 5. Aufl. v. 1805, S. 161 nahelegt. Die beiden Übersetzungen, die anonyme und die von Brockmann, stimmen im Wortlaut nicht überein, können also nicht vom selben Übersetzer sein (es sei denn, Brockmann hat das Stück zwei Mal übersetzt, was nicht anzunehmen ist.)