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Der Minister und der Seidenhändler oder: Die Kunst, Verschwörungen zu leiten
Gattung laut Quelle:
Lustspiel
Theaterzettelkopf:
Hof-Theater. / Weimar, Sonntag den 15. Januar 1854. / Neu einstudirt: / Der Minister / und der Seidenhändler, / oder: / Die Kunst, Verschwörungen zu leiten. / Lustspiel in fünf Akten, nach Scribe's Bertrand et Raton bearbeitet von H. Marr.
Datum:
Sonntag, 15. Jan. 1854
Datum (zeitliche Klassifikation):
1850-1855
Aufführungsort:
Weimar, Hoftheater
Reihenfolge:
1
Aktanzahl (laut Quelle):
5
Rezension:
Weimarische Zeitung, Nr.18, 21.01.1854, S. 71: „Mit der Vorführung dieses feinen Scribeschen Lustspiels, in welchem die revolutionären Empfindungen der Volksmasse so piquant ironisirt und persiflirt werden, hat die Direction unbedingt eine Niederlage erlitten. Wir möchten behaupten, daß wir in dieser Saison noch nie ein so unklares und mangelhaftes Ensemble gesehen. Die Durchführung des Ganzen schien uns einer Probe anzugehören; die meisten Darsteller waren leblos, ohne alles Elasticität des Geistes, sie kamen zu keiner Gestaltung der Charactere, ihre Subjectivität trat ihnen überall störend in den Weg und wußte aus dem Geist der Ironie, die auch auf die gegenwärtigen Zustände der politischen Bewegungen anzuwenden, Nichts zu machen, selbst die gestickten Röcke saßen ihnen unbequem, die Köpfe unter den Perrücken [!] waren ihrer Denkkraft beraubt, ihre künstlerische Reputation schien hinfällig, als läge sie in letzten Todeszuckungen. Die Direction mag uns erlauben sie zu tadeln, gerade weil sie uns gezeigt, was sie leisten kann. Sie muß über die Intelligenz und Befähigung ihrer Mitglieder im Klaren sein und uns Gebrechen zu verbergen suchen, die uns direct aus aller Illusion reißen, uns den guten Glauben an die guten Leistungen beeinträchtigen. Es wirkt auf den Gebildeten, auf die Individuen der guten Gesellschaft höchst deprimirend, elegante, feine geistige Stücke in einer Manier dargestellt zu sehen, die uns nur zu sehr den bürgerlichen Ton des kleinbürgerlichen Gesellschaftsgetriebes verräth, und hinwegzuleugnen ist es nicht, die Darstellung vom Minister und Seidenhändler gehörte in die Sphäre des zopfigen Philisterthums, wie es heut zu Tage sich gerirt, keineswegs in die des eleganten Perrücken-Jahrhunderts; dazu fehlte fast bei den Meisten das savoir vivre, es wehte uns keine Hofluft entgegen, und da man von mancher Seite her das Memoriren für einen geistigen Luxus gehalten, geschah es den auch, daß Vieles stümperhaft zur Erscheinung gelangte. Die in dieser Rolle anerkannte Meisterschaft des Herrn Marr konnte uns hiernach durchaus nicht für das Karikirte, das Stockende, Schreiende, Larmoyantwinselnde der Einzelnen, für das Mißlungene des Ganzen entschädigen. An Besseres in der Totalität gewöhnt, dürfen wir Besseres verlangen, und Publikum wie Kritik haben das Recht, streng zu richten, sobald die Darsteller nicht mit Achtsamkeit ihre Aufgabe lösen.“