Weimarische Zeitung, Nr. 21, 25.01.1854, S. 83: „Wir fanden die Darstellung auf unserer Bühne durchaus würdig. Frau Don war im Besitz der Titelrolle. Minna ist ein mit vollendeter Kunst entworfener und ausgeführter Character; in ihm vereinen sich klare Verständigkeit mit glühender Schwärmerei, tändelnde Munterkeit mit männlichem Ernst, das feine Zartgefühl mit der offensten Entschlossenheit. Ob Frau Don die echte Sprache der Seelen-Wahrheit, den Reichthum und glücklichen Wechsel der Gemüthszustände psychologisch getroffen? Wir schätzen stets an der strebsamen Darstellerin die Routine, mit welcher sie die Bühne beherrscht, die Sicherheit des Tons, das Fertigsein mit der Rolle. Ihre Minna bestätigt abermals unser Urtheil über sie und wir sagen ihr Lob für ihre sicher gezeichnete Leistung. Nächst Minna ist Tellheim die bedeutendste Figur; in ihm soll der echte Soldatengeist verkörpert sein; das Princip alles Lebens in ihm ist das point d’honneur, das Princip der Ehre im militärischen Sinn, als hervorgegangen aus dem Rittergeiste des Mittelalters, hervorgegangen aus echt germanischem Boden, eine geschichtliche Erinnerung, welche in dem neu-europäischen Character tief Wurzel geschlagen. So hat Lessing uns seinen Tellheim dargestellt, der, durch die Verhältnisse bei seiner Unbescholtenheit angegriffen, zwischen Liebe und Ehre gestellt, in Unentschlossenheit und Verzweiflung hin und her schwankt. Dieser Kampf der Seele ist es unstreitig, der in der Darstellung des Tellheim vor Allem zur Anschaulichkeit gelangen muß. Herr Pätsch-Tellheim wußte nicht, wie er das anzufangen, er befand sich in einer bloß ärgerlichen Stimmung, er kämpfte nicht mit seinem Schicksal, sich über dasselbe zu erheben oder in männlicher Verzweiflung sich zu resigniren, sondern er kämpfte in prätentiöser Ostentation gegen Kunstpausen, die sich in die Seelenzustände, welche er auszumalen hatte, einschlichen und ihn auf das Muschelgehäuse des Nothhelfers, Souffleur, zusteuern mochten, um möglichst dicht vor demselben sein ganzes Spiel zu behaupten. In diesem Sinne hat Herr Pätsch-Tellheim seine Aufgabe vor einem aufmerksamen Publicum zur Genüge gelöst. Paul Werner, der die glückliche Mitte zwischen dem gebildeten Officier und dem groben Packknecht, Just, hält, wurde in ansprechender Treuherzigkeit und Gutmüthigkeit von Herrn Genast vorgeführt. Die Darstellung dieser Rolle gehört zu seinen vorzüglichsten. Just, ein barscher, schroffer Geselle, darf seiner Ehrlichkeit wegen einen Platz in so, anständiger Gesellschaft behaupten. Hatte Herr Franke auch einen zu spröden, trockenen Ton dafür, so griff er doch fließend in das Zusammenspiel. […] Herr Marr war ein Chevalier d’industrie comme il faut. Die Rolle des Wirths war durch Herrn Hettstedt passend besetzt. Wir haben uns an ihm ergötzt, er that nicht zu viel, wie sonst, selbst der niedere Dialect störte uns nicht so wie sonst. Ein richtiges Maßhalten, ein richtiger Ernst, und Herr Hettstedt könnte wohl noch Fortschritte zu machen haben. Wenn wir der Franziska der Frau Hettstedt zuletzt Erwähnung thun, so haben wir die besondere Absicht, auszusprechen, daß ihr die Krone des Abends gebührt. Frei von ihrem sonstigen manierirten Accentuiren, von ihrer Spielerei des Tons und der Bewegungen, hat sie uns wahrhaft überrascht. Solche Rollen können besser, als so, nicht gegeben werden, und wir wünschen der jungen Künstlerin zu dieser Leistung Glück.“