Weimarische Zeitung, Nr. 10, 13.01.1886, S. 1: „“Hamlet“ ist seit längerer Zeit nicht an unserer Bühne gegeben worden. Die Wiederaufnahme des Dramas durfte daher auf ein allgemeines lebhaftes Interesse rechnen, auch ohne das Mitwirken eines so bedeutenden Gastes, wie Friedrich Haase, da die heimischen Kräfte volle Bürgschaft geben für eine treffliche Aufführung der Dichtung, für deren Titelrolle Herr Neuffer ganz sicher die erforderlichen Eigenschaften besitzt. Daß Haase in Veranlassung seines vierzigjährigen Jubiläums die Rolle des Hamlet spielte, verlieh der neulichen Aufführung einen ganz besonderen Reiz. Unser Publikum hatte wiederholt den berühmten Künstler zu bewundern Gelegenheit gehabt, nur wenige aber hatten ihn bereits als Hamlet gesehen, eine Rolle die dem eigenartigen und an gewisse Grenzen gebundenen Talent des Künstlers etwas fern zu liegen scheint. Wenn dies auch nicht unrichtig ist, so hat doch Herr Haase in seinem „Hamlet“ aufs neue die große Gewalt seiner geistigen Kraft und seines schauspielerischen Könnens bethätigt. Obwohl er durch ein Zuviel von Nüancen die Darstellung des Bildes etwas überlastete und in den Grundzügen das jugendlich Weiche, das träumerisch Selbstvergessende nicht genügend zur Geltung kam, so war doch seine Wiedergabe des Hamlet eine so geistvolle und edle, daß sie die stete Aufmerksamkeit mächtig fesselte und immer von neuem den lebhaftesten Beifall der Zuhörer hervorrief. Ueber die Einzelheiten der Auffassung des Charakters, auf der sich die Darstellung Haases aufbaut, ließe sich wohl streiten, aber das Ganze erfreut durch den großen Zug, wie ihn eben nur ein echter Künstler seinem Werke aufzudrücken vermag. In sehr wirksamer Weise ward Herr Haase durch Fräulein Jenicke (Ophelia) unterstützt, die namentlich die Wahnsinnsszene mit ergreifender Wahrheit, aber ohne Uebertreibung zu gestalten wußte. Herr Neuffer war ein sehr guter Laertes. Herr Knopp darf den Polonius zu seinen hervorragendsten Leistungen rechnen. Frau Hettstedt (Königin), Herr Wohlmuth (König), Herr Lehmann (Schauspieler) und nicht zuletzt Herr Fuchs, der den Geist von Hamlets Vater gab, reihten sich würdig den andern Darstellern an. Als nach dem Schluß des letzten Aktes der Vorhang sich infolge der lebhaften Rufe der Zuschauer wieder hob, vollzog sich auf der Bühne jene gestern bereits erwähnte sinnige Jubelbegrüßung des Jubilars. Herr Brock trat, begleitet von dem Personal des Schauspiels, an Herrn Haase heran und überreichte ihm zwei prächtige Lorbeerkränze mit folgender Ansprache: „Gestatten Sie mir, hochverehrter Meister, daß ich Ihnen an derselben Stelle, von welcher aus Sie einst Ihre lorbeer- und rumgekrönte Künstler-Laufbahn begannen, zu dem festlichen Erinnerungstage, den sie heute begehen und feiern, im Namen des Weimarischen Theaters die herzlichsten Glückwünsche darbringe. Ueberall, wo die deutsche Zunge erklingt, soweit die deutsche Schauspielkunst gedrungen ist, in zwei Welttheilen, wo immer der Mimen freundlich gedacht wird, erklingt der Name Friedrich Haase als einer der allerersten und besten und die deutschen Kunstgenossen verehren und feiern ihn als einen ihrer Größten und Edelsten. Mögen Sie, hochverehrter Meister, auf der Sonnenhöhe Ihres Ruhmes noch lange, lange wirken und schaffen im Dienste unserer schönen Kunst und möchten Sie, wenn ich bescheiden auch für uns etwas bitten darf, in der Erinnerung Ihres Jubeltages auch ein klein wenig unser gedenken, die wir Ihnen unsere Liebe und Verehrung mit diesem Lorbeer entgegenbringen, den ich Ihnen überreiche im Namen des Herrn Generalintendanten v. Loën und im Namen der Mitglieder des Weimarischen Theaters.“ Die Zuhörer – das ganze Publikum war auf seinen Plätzen geblieben – spendeten lebhaften Beifall, sodaß erst nach einigem Warten Herr Haase das Wort nehmen konnte, um in herzlicher Weise zu danken; er erinnerte bewegt daran, wie er an dieser, für jeden dramatischen Künstler besonders weihevollen Stätte die ersten Schritte auf seiner Laufbahn gethan, wie er derselben stets eine dankbare Erinnerung bewahrt, und bitte, das hier stets bewiesene Wohlwollen auch ferner ihm zu erhalten. Unter neuem lebhaften Beifallrufen des Publikums endete diese Feier.“